Selbstbestimmung am Lebensende | Eine Studie in Reaktion auf die Entscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Beihilfe zum Suizid zu entkriminalisieren

2019 entschied der österreichische Verfassungsgerichtshof, dass die Beihilfe zum Suizid ab 01.01.2022 in Österreich nicht mehr strafbar ist. Die Legislative war damit aufgefordert, Sicherungsinstrumente zur Verhinderung von Missbrauch vorzusehen, um die Autonomie der Entscheidung, aus dem Leben zu scheiden, zu gewährleisten.

Das Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety (LBI DHPS) führte im April 2021 eine Studie durch, um die Meinung in Österreich lebender Personen zu dem Thema zu ermitteln. 2.000 Personen beteiligten sich an der repräsentativen Umfrage, die sich in drei Themenschwerpunkte gliederte:

  • Moralisch/ethisch/religiöse Überlegungen
  • Potenzielle Bereitschaft, selbst passive Sterbehilfe selbst anzunehmen bzw. zu leisten
  • Erwartungen an rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen
a. Beurteilung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshof – Zustimmung
b. Beurteilung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshof – Ablehnung

Ergebnisse

Ein Großteil der Befragten fand es grundsätzlich gut, dass die Beihilfe zum Suizid nicht mehr strafbar sein würde, wobei Faktoren wie Religiosität, der Glaube an ein Leben nach dem Tod, oder die Sorge, keinen Einfluss auf den eigenen Tod zu haben, signifikanten Einfluss darauf hatten, ob eine Person die Entscheidung der Verfassungsgerichtshofs begrüßte oder nicht.

Die meisten knüpften enge Voraussetzungen an die Beihilfe: ein unheilbar physisches Leiden, die Beihilfe durch eine*n Arzt*Ärztin, und die Durchführung mit Hilfe eines gesetzlichen, ärztlich vorgegebenen Präparats. Auch vorherige Beratungsgespräche und psychologische Unterstützung for die Beihilfe Leistenden wurden weitgehend gefordert.

Die Bereitschaft, selbst Beihilfe zu leisten, war geringer als die Bereitschaft, selbst Beihilfe anzunehmen; bei der Frage nach dem Warum argumentierten viele mit ihrer Moralvorstellung, äußerten aber auch Ängste und Sorgen, ob der Tod wirklich dem Wunsch der*des Suizidanten entspricht, oder dass das letale Präparat versage und der*die Sterbewillige unnötige Schmerzen erleiden müsse.

Ein großer Teil der Befragten zog es vor, sich bei jeder Frage zu enthalten, was darauf hinweist, dass viele Personen (noch) keine abschließende Meinung zu diesem Thema haben; Aufklärungs- und Informationskampagnen werden daher empfohlen.

Die Ergebnisse der Umfrage wurden auf der Online-Tagung „Beihilfe zum Suizid“ des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien vorgetragen.

Eine Publikation ist in Arbeit.

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Projektpartner

Institut für Ethik und Recht in der Medizin

Ansprechperson

Dipl.-Jur. Ann-Kathrin Ruf, MA